Zärtlichkeit heilt

Vom wahren Sinn sexueller Erregung

Vom Anbeginn unseres Lebens an ist es liebevolle Zärtlichkeit, die an erster Stelle macht, dass wir uns geliebt fühlen, uns angenommen, aufgehoben und sicher fühlen. Das ändert sich unser ganzes Leben nicht. Der wahre Sinn sexueller Erregung ist, Zärtlichkeit besonders intensiv in uns aufzunehmen. Sie ist wie ein Mittel, das Zärtlichkeit besonders stark in uns anregen kann. Je mehr sie tief nach innen gehend ist und dadurch mehr zu einem energetischen Strömen durch unseren ganzen Körper als zu einem bloßen Lustgefühl allein in unseren Genitalien wird, und je länger sie im Körper zirkuliert, desto stärker geschieht dieses Übertragen von Zärtlichkeit. Mit unserem oftmals so drängenden Bestreben, einen Orgasmus zu haben, möchten wir erreichen, dass wir wenigstens für einen kurzen Moment die Art von wirklich starker sexueller Erregung erleben, die wir für unsere intensivste Form, Zärtlichkeit in uns aufzunehmen, brauchen. Doch solche Momente sind viel zu kurz, um uns ausreichend mit dieser höchsten Zärtlichkeit zu versorgen. Wir brauchen ein anhaltendes orgasmisches Erleben, wir brauchen orgasmische Gefühle, die nach innen in unser Becken gehen, die beständig in unserem Körper nach oben steigen und sich über lange Zeit immer stärker und weiter in uns ausbreiten und in großen Wellen wieder und wieder unseren ganzen Körper durchfluten. Entladende orgasmische Kontraktionen werden uns dann weniger wichtig werden, und wenn sie eintreten, können wir den Energiefluss nach oben weiter aufrechterhalten und eine zarte Erregung beibehalten und möglicherweise in neue orgasmische Zustände kommen. Erregende Zärtlichkeit ist die stärkste Zärtlichkeit, die wir fühlen können. Sie ist somit das, was uns am stärksten Liebe und Geborgenheit geben kann. Deshalb sehnen wir uns so sehr nach Sex. Deshalb ist er uns zu tiefster Heilung gegeben und nicht dafür, möglichst viel aus unserem Leben verbannt zu werden. Unsere Genitalien sind für uns nicht bloße Lustspender. Sie sind die stärksten Zärtlichkeitsaufnahmeorgane, die wir haben. Das ist aber auch der Grund, warum wir im Sex unseren größten Schmerz finden können, warum wir vor seinen tieferen Ebenen so viel Angst haben und ihn lieber nur als Lust oder gar nicht erleben wollen. Wir möchten nicht an die Mangelgefühle erinnert werden, die wir – vor allem in unseren ersten Lebensjahren – so häufig erlebt haben. Je gieriger und angespannter wir nach sexueller Lust und Spannungsabfuhr streben, desto verzweifelter und zugleich erfolgloser versuchen wir damit, heilende Zärtlichkeit zu erleben. Je stärker wir unsere sexuellen Regungen ablehnen oder bekämpfen, desto verzweifelter versuchen wir, diesen zärtlichen Gefühlen zu entkommen. Je mehr wir für sexuelle Empfindungen taub werden und sie kaum mehr wahrnehmen, desto mehr entziehen wir uns dem tiefen Schmerz, der in uns steckt. Hinter all dem steht eine große Angst vor der Liebe, die wir spüren würden, wenn wir die Gefühle hinter unserem sexuellen Begehren fühlen würden.
Erregung dient dazu, Zärtlichkeit tief in uns aufzunehmen.
© Eduard Erhart 2024
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Orgasmen sind viel zu kurz für das, was wir wirklich brauchen.
Sex ist uns zu tiefer Heilung gegeben.
OHeilende Zärtlichkeit