Von Kontraktionsorgasmen

und Wellenorgasmen

Wie wir zu tiefer Erfüllung finden

Wonach wir üblicherweise oft streben sind Kontraktionsorgasmen, bei denen wir alles dafür tun, um unsere Erregung so sehr es geht in unsere Genitalien zu ziehen, damit sie sich endlich mit lustvollen Zuckungen unserer Beckenbodenmuskeln nach außen entladen kann. Und weil Männern das in der Regel leichter gelingt als Frauen, scheinen diese kein Problem zu haben, die anderen hingegen schon. Dabei ist es eher andersherum. Denn Kontraktionsorgasmen zu haben, ist gar nicht das, was das Wichtigste ist. Im Gegenteil, sie sind gerade für Männer häufig eher ein Problem, weil wir dafür unsere Erregung zu einseitig in eine ungünstige Richtung lenken. Frauen gelingt das nur deshalb schwerer, weil die Art, wie sie sich stimulieren (können), und die Weise, wie ihre Geschlechtsorgane gebaut sind, den Energiefluss nach innen und damit ins Becken und weiter nach oben ins Herz und Gesicht begünstigen. Das ist aber kein Nachteil, sondern ein sehr großer Vorteil. Denn durch diese Flussrichtung bekommt die Erregung eine ganz andere Qualität und wird zu dem, um was es in Wahrheit in unserer Sexualität geht: zu den tiefen Gefühlen voller Zärtlichkeit und Liebe, die wir alle in uns tragen. Es kommt so sehr darauf an, wie wir uns berühren! Die Art, wie Männer gewöhnlich ihren Penis stimulieren, zieht in einer unvergleichlichen Stärke ihre Erregung dort hinein, zieht mit aller Vehemenz den Energiefluss von oben nach unten in ihn hinein und drängt von dort weiter nach außen aus ihm heraus. Je mehr das zur Gewohnheit wird, desto mehr verfestigt sich diese Energierichtung, bis wir schließlich starke Erregung nur noch dann fühlen können, wenn wir sie mit aller Kraft nach unten bewegen und durch die Genitalien nach außen entladen. Mit sehr sanften, liebevollen, kleinen, in den Körper hinein pulsierenden Berührungen hingegen können wir uns so stimulieren, dass unsere Erregung zuerst nach innen in unser Becken fließt. Durch einen entspannten und weit geöffneten Beckenboden, Genital- und Beckeninnenraum und einen geöffneten und durchlässigen gesamten Körper kann die Energie mit jedem Atemzug wie von außen in uns hineinströmen, sich mit der in unserem Beckeninneren wohnenden Kraft verbinden und erst dann von hier zurück in unsere Genitalien strömen und gleichzeitig wie von selbst in uns nach oben steigen. Wir brauchen keine Beckenbodengymnastik, mit der wir unsere Erregung lenken, kontrollieren oder forcieren. Erfüllender Sex ist keine „Muckibude“. Was wir brauchen ist vielmehr eine weiche Öffnung, ein inneres Weiten, eine Ausdehnung und Empfänglichkeit, ein tiefes Nach-innen-Lassen – eine Hingabe an die subtilen, schmelzenden, verletzlichen, sanft erregenden Gefühle, die wir im genauen Hinspüren in uns finden können. Und wir brauchen, dass wir unsere kleine und große Erregung gerne fühlen und sie sammeln und lange in uns zirkulieren lassen können, auch wenn sie immer stärker und stärker und vielleicht (fast) wie schmerzhaft wird. Dann können orgasmische Wellen von unten nach oben unseren ganzen Körper durchströmen, können wir von unserer Erregung wie überlaufen und sie in starken und dennoch sanften Wellen nach oben durch unser Gesicht und auch nach unten durch unseren Beckenboden nach außen geben. Bleiben wir auch nach diesen Entladungen im Becken offen und entspannt, kann die Erregung unmittelbar zu uns zurückkehren, erneut durch unseren Beckenboden in uns hineinfließen, wieder den aufsteigenden Weg in uns nehmen und zu neuen orgasmischen Wellen führen. In solchen Wellen können schließlich auch Kontraktionen geschehen, die unseren Beckenboden und unser Zwerchfell heftig rhythmisch zusammenziehen und die Energie ebenfalls nach oben wie nach unten aus uns herausschleudern. Ist der Weg nach oben mit unserem Atem, unserer Stimme und unserem mimischem Ausdruck frei und wird unser Beckenboden wieder weit, kann nach Kontraktionsorgasmen genauso wie nach Wellenorgasmen die nach außen gegebene Energie wieder zu uns zurückströmen – und uns dadurch all die verletzlichen Gefühle besonders intensiv fühlen lassen, die hinter unserer Erregung stehen. Denn nur die nach innen gehende und dadurch in uns aufsteigende sexuelle Energie kann durch unser Herz strömen und uns darin tief berühren. Je mehr und je intensiver wir dies erleben, desto erfüllender kann unsere Sexualität für uns werden. Die so häufig zu sehr dominierende Energierichtung nach unten und nach „außen“ in die Genitalien hinein ist der Grund dafür, warum Männer nicht selten gieriger nach Sex erscheinen als Frauen. Sie macht ihr Begehren angespannter und dadurch drängender. Die bloßen Lustgefühle, die sie dabei erleben, erfüllen aber nicht das, wofür wir unsere sexuelle Lebenskraft haben. Sie gaukeln eine Befriedigung vor, die häufig viel zu kurz ist und der vor allem etwas fehlt, weil sie zu wenig im Herz ankommt. Der Teufelskreis des Unbefriedigtseins beginnt: Je weniger wir das bekommen, was wir eigentlich brauchen, desto mehr drängt es uns zu dem, was uns wenigstens eine Illusion davon zu geben vermag. Sind wir hingegen erfüllt von den Herzenswünschen, für die unsere sexuellen Regungen in Wahrheit stehen, werden sie sich allein schon durch dieses Erfülltsein ein Stück weit in uns erfüllen. So können wir beständig mit unserer sexuellen Energie verbunden sein, und wir werden sie dennoch nicht als etwas Mangelbehaftetes, Beunruhigendes, Drängendes, Bedrohliches, sondern jederzeit als etwas Entspanntes, Belebendes, Freudiges, Friedliches, Liebendes, Beglückendes und alles Heilendes erleben.
Kontraktionsorgasmen zu haben ist nicht das, was das Wichtigste ist.
© Eduard Erhart 2024
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Die Art wie Männer masturbieren löst einen enorm starken Energiefluss von oben nach unten und von innen nach außen aus.
Wellenorgasmen und auch nach oben sich entladende Kontraktionsorgasmen lassen uns unsere ursprünglichsten Gefühle fühlen.
OHeilende Zärtlichkeit
Unsere sexuellen Regungen können aus uns selbst heraus von etwas Mangelbehaftetem zu etwas freudig Erfülltem werden.