Pulsierendes Stimulieren
Wie Erregung nach innen geht
Slow Sex alleine genügt nicht. Was wir darüberhinaus so sehr
brauchen, ist eine andere Art, uns sexuell zu stimulieren. Wir
brauchen Stimulationen, die nach innen gehen, mit denen unsere
Erregung nach innen strömt, von unseren Intimbereichen in unseren
Bauch- und Beckenraum und von hier in unseren gesamten Körper.
Dafür müssen sie zärtlich, sanft eindringend, schmelzend, genügend
langsam und in einem organischen und sehr feinen Sinn rhythmisch
sein. Sie können vielfältig zart hin- und herbewegend, kreisförmig,
schlängelnd, sich windend sein. Sie können an allen Stellen unserer
Intimbereiche und am ganzen Körper wie ein zartes Stimulieren einer
Klitorisperle sein und dabei mit einem sanft pulsierenden Druck in den
Körper hinein gerichtet sein.
Wenn wir dann noch mental und körperlich unseren Beckenboden
und Bauchraum entspannen und weit öffnen und aus dieser inneren
Öffnung heraus eine Verbindung zu den Berührungen aufnehmen,
kann eine subtile Erregung stark und tief nach innen gehen und den
energetischsten Punkt, den wir in uns haben, im Inneren unseres
Beckens berühren. Sie kann darin eine strömende Wärme entfachen,
die langsam in uns nach oben steigt, in alle Winkel unseres Körpers
dringt, auch wieder in unsere Genitalien strömt und, wenn wir dann in
aller Zartheit den Rhythmus des Pulsierens langsam steigern, uns in
eine wahrhaft tiefe Ekstase bringen kann.
Neben zärtlichen Streichungen ist es der in die Tiefe des Körpers
gerichtete, sanfte alternierende Druck worauf unser Körper am
intensivsten reagiert. Es ist wie ein Vibrieren in den Körper hinein, nur
(zunächst) (sehr viel) langsamer und variantenreich, das uns sehr
tiefgehend erreichen und erregen kann. Wir bewegen uns mit diesen
Pulsationen in die Frequenzen unseres Herzschlags hinein und
nehmen so Verbindung zu den essentiellsten Schwingungen in uns
auf. Es sind die Pulse des Lebens, die uns so sehr vertraut sind, die
unser Leben so sehr bestimmen, dass wir uns deshalb in ihnen ganz
geborgen fühlen und zutiefst bei uns selbst ankommen.
Feine, in den Körper hinein gerichtete Impulse sind der entscheidende
Unterschied zu den Stimulationen, die wir so häufig kennen.
Wir neigen meist viel mehr dazu, durch eher oberflächliche und
kräftige Reibungen unsere Erregung den umgekehrten Weg nehmen
zu lassen und sie von innen aus unserem Becken heraus möglichst
stark in unsere Genitalien zu ziehen.
Gerade für Männer ist das übliche Reiben am Penisschaft besonders
fatal. Es bringt die Erregung zu stark von oben nach unten und von
innen nach „außen“ in den Penis hinein. Wir sollten den Penis auch –
genau so wie die Klitoris – sehr sanft, kleinräumig, eher punktuell an
vielen, kleinen und im jeweiligen Moment gerade besonders
erregbaren Stellen stimulieren.
Vielleicht ist es gar nicht so ein großer Unterschied zu dem, wie wir
uns gewöhnlich stimulieren. Doch die Wirkung des feinen und nach
innen gerichteten Pulsierens ist erstaunlich weitreichend.
Es entscheidet darüber, in welche Richtung unsere sexuelle Energie
hauptsächlich fließt – und damit darüber, was sie in unserem Körper
macht.
Und sie macht sehr viel verschiedenes, je nachdem wohin unsere
Erregung geht. In einem sehr körperlichen Sinn dringt sie im einen Fall
vor allem in unser Becken und steigt von hier in unser Herz und
unseren Geist empor – und wird damit zu der Liebe, die sie eigentlich
ist – oder geht im anderen Fall direkt in unsere Genitalien – und wird
zu einer mehr losgelösten Lust, wie wir sie immer wieder erleben. Es
sind zwei grundlegend unterschiedliche Arten sexueller Erregung, die
wir auf diese Weise erfahren können: ein sich weitendes,
schmelzendes, sich überall hin ausbreitendes, intensiv nach oben
steigendes Kribbeln oder Strömen, oder ein eher eng werdendes,
nach unten drückendes, kontrahierendes Lustgefühl.
Doch wie fast immer im Leben ist das, was wir tatsächlich erleben,
meist nicht nur das eine oder das andere, sondern eine immer wieder
unterschiedliche Mischung von beidem. Denn alle Energien in
unserem Körper fließen stets in beide Richtungen zugleich. Es kommt
aber auf die Hauptrichtungen an, die sie in uns nehmen.
Mit ihrer Verbindung durch die Vagina zur Gebärmutter haben Frauen
einen sehr unmittelbaren energetischen und körperlichen Zugang zu
dem magischen Bereich in ihrem Beckenraum und den schmelzenden,
tief erregenden Gefühlen, die von hier in ihren ganzen Körper
strömen. An ihren Vaginalwänden und ihrem sehr empfindsamen
Gebärmutterhals können Frauen direkt im Zentrum ihrer
Beckenenergie die aufsteigende Erregung und die wellenartigen
orgasmischen Zustände auslösen, die so sehr unsere innersten
Gefühle berühren.
Männern hingegen bleibt vor allem, sie von außen über die nach
innen führenden Energiekanäle hervorzurufen, für die wir unsere
Wahrnehmung so oft erst entwickeln oder schulen müssen. Von der
Penisspitze, der Peniswurzel, der Prostata und von vielen anderen
Punkten im Intimbereich aus können sehr starke Verbindungen nach
innen gehen und auch Männern alle Möglichkeiten geben. Und mit
den wunderbaren Möglichkeiten rektaler Berührungen können auch
sie ganz unmittelbar die Energie in ihrem Beckenzentrum erreichen.
Dieser sakrale Raum in unserer Beckenmitte ist nicht nur der Ort, in
dem (bei Frauen) tatsächlich neues Leben entstehen kann, es ist auch
ein geheimnisvoller Ort, in dem zugleich unser seelisches „Inneres
Baby“ wohnt, in dem unser Leben lang unsere grundlegendsten
Bedürfnisse bewahrt bleiben. So oft nicht gesehen, nicht gefühlt und
eng zusammengezogen schlummert dieses Baby dort vor sich hin.
Dabei ist es sein eigentliches Streben, sich zu zeigen und sich
auszudehnen. Jetzt wie damals sehnt es sich nach nichts mehr, als
durch liebevolles und rhythmisches Gedrückt-, Gestreichelt- und
Gehaltenwerden aufzublühen, sich auszuweiten, uns ganz zu erfüllen
und über uns hinauszutreten und dadurch – wie einst – mit allem um
uns herum eins zu werden. Mit unserer nach innen gerichteten und in
uns aufsteigenden sexuellen Energie berühren wir genau diesen
Seelenraum und können so mit unserem wahrsten Kern in
Verbindung kommen – und alleine dadurch zu einer tiefen Heilung
kommen.
Sind wir im Ausführen der nach innen pulsierenden Stimulationen im
Intimbereich fortgeschritten und ist unsere Empfindungsfähigkeit für
diese feinen Reize immer mehr geschult, können wir das nächste
Wunder unserer menschlichen Sexualität erleben: Mit genau
denselben Stimulationen können wir auch an vielen anderen Stellen
unseres Körpers eine intensive subtile Erregung hervorrufen! Nicht
nur unsere Brustwarzen, die ebenfalls weit von unseren Genitalien
entfernt sind, sprechen darauf an. An so vielen anderen Stellen
können wir in ganz ähnlicher Weise erregende Gefühle auslösen, die
von hier in unseren Bauch und von dort wiederum in unseren ganzen
Körper und auch in unsere Genitalien fließen.
Ein anhaltender sinnlicher Energiefluß, der zum Beispiel von der
Stimulation unseres höchsten Scheitelpunkts am Kopf ausgehen kann,
kann unser gesamtes sexuelles Erleben in völlig neue Dimensionen
bringen. Wird in dieser Weise unser ganzer Körper mehr und mehr zu
einer „erogenen Zone“, kann unsere sexuelle Energie zu dem werden,
was sie von Natur aus „eigentlich“ so sehr ist – zu dem umfassendsten
Liebesstrom und der stärksten Heilungskraft, die wir in uns haben.
Unsere
Stimulationen
müssen auch
in den Körper hinein
gerichtet sein.
© Eduard Erhart 2023
Schon ein
kleiner Unterschied,
wie wir uns stimulieren,
kann eine
große Wirkung
haben.
Frauen
haben einen
unmittelbareren Zugang
zum Zentrum ihrer
Beckenenergie.
Unser
Inneres Baby
möchte
mit allem um uns herum
eins werden.
Unsere sexuelle Energie
kann
die stärkste Heilungskraft
sein,
die wir in uns haben.
Unser ganzer Körper
kann zu einer
„erogenen Zone“
werden.