Aufsteigende Energie

Voraussetzung für eine starke Liebeskraft

Die Lebensenergie in uns ist niemals etwas, das lediglich in unserem eigenen Körper zirkuliert. Sie ist stets angeschlossen an die Welt um uns herum. Wir existieren zwar einerseits als vollkommene Individuen, zugleich aber genauso vollkommen immer nur in Verbindung mit unserer Außenwelt. Alle Energie, die wir in uns haben, kann nur in dem Maße fließen, wie sie mit den endlosen Energien um uns herum verbunden ist. Dafür braucht es sehr viel Durchlässigkeit. Es kommt also darauf an, wie sehr wir alles von außen möglichst intensiv in uns hinein lassen und alles von innen möglichst frei nach außen geben, wie sehr wir uns von allem um uns herum „beeindrucken“, „berühren“ lassen und auf der anderen Seite uns mit allem was in uns ist „ausdrücken“. Die Bahnen, in denen unsere Lebensenergie in unserem Körper fließt, sind keine Einbahnstraßen. Alles in uns fließt immer in beide Richtungen zugleich: von außen nach innen und von innen nach außen, von unten nach oben und von oben nach unten. Das Wesentliche ist, dass es in jede Richtung frei fließt, dass möglichst wenige Blockierungen das Fließen behindern. Und trotzdem ist jeweils eine der beiden Energierichtungen ein wenig wichtiger als die andere, ist die eine die Vorbedingung für das wirklich freie Fließen der anderen. Das freie Fließen von außen nach innen ermöglicht den freien Fluß von innen nach außen und das freie Fließen von unten nach oben ermöglicht erst den freien Fluß von oben nach unten. Deshalb ist es von so grundlegender Bedeutung, dass wir vollkommen empfänglich werden, dass wir alles in unserem Leben und somit auch jede Berührung tief in unseren Körper hineinlassen, von außen nach innen lassen und von unten nach oben durch unsere Beine und unser Becken in unser Herz und unseren Geist hinein bewegen lassen, dass wir uns körperlich und emotional ganz und gar zu öffnen lernen. Erst dann kann auch unser Ausdruck von innen nach außen wahrhaftig und kraftvoll werden. Doch was ist, wenn das, was von außen kommt, nicht liebevoll, weich und frei fließend ist, sondern als angespannte, harte oder festgehaltene Energie zu uns kommt? Wie kann uns etwas beleben, das selbst nicht völlig frei lebendig ist? Wie kann uns etwas freudig machen, das selbst nicht völlig freudig ist? In unserer körperlich-seelisch-geistigen Einheit haben wir die wunderbare Möglichkeit, alles was wir zu uns hereinlassen in uns zu verwandeln. Wir können uns auf körperlicher und fühlender Ebene weich und weit werden lassen und dadurch die angespannte oder zurückgehaltene Energie von anderen in uns in ihr Gegenteil verkehren, in das transformieren, was sie „eigentlich“ ist, wie sie für uns auf lebensbereichernde Weise „in Wirklichkeit“ wäre. Wir können in jedem Negativen einen verzerrten Ausdruck der anderen Seite, des Positiven sehen – und es in uns genau dazu werden lassen. Selbst sehr unschöne oder gar gewaltvolle körperliche oder seelische Einwirkungen können wir so verarbeiten. Gehen wir, wenn wir Negatives erleben, sofort in eine intensive Selbstverbindung mit dem, was wir uns stattdessen so sehr wünschen, wonach wir uns stattdessen von ganzem Herzen so sehr sehnen, können wir den freien Fluss unserer Lebensenergie in unserem Körper weiter aufrechterhalten. Es ist allem voran das anklagefreie Weinen, ein Weinen, das sich einfach nur mit unseren wahrsten Wünschen, unserem tiefsten Sehnen verbindet, ohne dabei andere Menschen zu verurteilen und abzuwerten, das die stärkste Form einer solchen Selbstverbindung sein kann. Mit diesem Weinen kann sich alle Spannung in uns lösen, kann sich ein heilendes Strömen in uns bewegen, kommen wir wieder in unsere Kraft, Würde und Integrität zurück. Kinder können dafür unsere besten Lehrer sein. Was wir brauchen und wonach wir uns in Wahrheit sehnen, sind liebevolle Zuwendung und zärtliche Berührungen in den vielfältigsten Formen, die wir auf direktem Weg tief nach innen nehmen und in uns als liebende Energie nach oben steigen lassen. Es ist diese eindringende und aufsteigende Energierichtung, die für uns so wichtig ist, um uns an die Energien unserer Umwelt wirklich anschließen zu können und sie, wenn nötig, in uns in eine zärtliche und freudige Kraft zu verwandeln. Erst dann kann sie als solche auch in der Gegenrichtung in uns fließen und sich dadurch sowohl nach oben durch unser Gesicht, als auch nach unten durch unser Becken authentisch und frei nach außen ausdrücken. Frauen sind so häufig eher mit der empfangenden und aufsteigenden Qualität und Männern so häufig eher mit der absteigenden und nach außen gehenden verbunden. Doch ohne das jeweilige Gegenstück bleiben diese Qualitäten unvollständig und gehemmt, können sie ihr ganzes Potential nicht voll entfalten. Entscheidend ist jedoch, dass wir die empfangende, nach innen und aufwärts strömende Richtung ganz besonders kultivieren, ohne die ein wirklich freier Energiefluss niemals gelingen kann, ohne die wir unsere Lebensenergie nicht als starke Liebeskraft, sondern nur als grobe und dabei nicht selten zerstörerische Selbstbehauptungskraft nach außen bringen können. Wenn wir als Männer und als Frauen beginnen, uns und besonders auch unsere Intimbereiche in einer neuen Weise zu berühren, können wir ganz unabhängig davon, welches Geschlecht wir haben, zu dieser so grundlegenden nach innen gehenden und in uns aufsteigenden Energierichtung kommen. Wenn wir uns auf eine sanfte, einfühlsame und in den Körper hinein pulsierende Weise berühren, wenn wir weg von dem unsere Erregung nur in die Genitalien ziehenden, mechanischen Reiben kommen, können wir alle gleichermaßen dorthin gelangen. Wir sind alle dazu in der Lage, ganz aufnehmend zu werden, uns genital weit zu öffnen, ganz in der Tiefe unseres Beckens weich und weit zu werden, durch die empfindsamsten Stellen unseres Körpers den Anderen tief und schmelzend in uns „eindringen“ zu lassen, auch mit minimalen Stimulationen unendlich starke zärtliche Erregungen im Zentrum unseres Beckens auszulösen und sie von hier aus in unseren ganzen Körper fließen zu lassen. Wir können uns alle darüber bewusst werden und fühlen, dass sich unser wichtigstes sexuelles Zentrum nicht in unseren Genitalien befindet, sondern in der Mitte unseres Beckenraums, und dass wir von hier eine unmittelbare Verbindung in unseren Herz- und unseren spirituellen Raum entwickeln können. Dann können wir konkret erleben, dass wir als Frauen und Männer nicht grundsätzlich verschieden sind, dass unsere heilenden Energiekreisläufe dieselben sind, dass wir auf einer tiefen und wirklich freien Ebene uns vollkommen ähnlich sind, dass wir in der geschlechtlichen Anziehung in Wirklichkeit nicht eine Gegensätzlichkeit, sondern viel mehr eine überwältigende Ähnlichkeit und Einheit suchen.
Unsere Lebensenergie kann nur dann frei fließen, wenn sie mit der Energie um uns herum verbunden ist.
© Eduard Erhart 2024
Der freie Energiefluss von außen nach innen und von unten nach oben ist eine grundlegende Voraussetzung für unsere seelische Gesundheit.
Anklagefreies Weinen ist die stärkste Selbstverbindung, die wir haben können.
Für Frauen ist es häufig leichter, die aufnehmenden und aufsteigenden Energieströme zu fühlen.
OHeilende Zärtlichkeit
In ihrer innersten Wahrheit sind Frauen und Männer nicht verschieden.
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